
Zusammenfassend:
- Der entscheidende Unterschied zwischen der gesetzlichen Gewährleistung und der freiwilligen Herstellergarantie liegt in der Beweislast, die im ersten Jahr klar den Verbraucher schützt.
- Nicht autorisierte Software-Änderungen und Chiptuning sind heute die häufigsten Gründe für Garantieverlust, noch vor mechanischen Umbauten.
- Sie haben das Recht, Ihr Fahrzeug in einer freien Werkstatt warten zu lassen, solange diese sich strikt an die Herstellervorgaben hält.
- Eine proaktive und lückenlose digitale Dokumentation (z. B. durch Fotos, OBD-Protokolle) ist der Schlüssel, um im Streitfall Ihr Recht durchzusetzen.
Für die meisten Autokäufer ist die Herstellergarantie ein entscheidendes Kaufargument – ein Versprechen von Sicherheit und Sorgenfreiheit für die ersten Jahre. Man wiegt sich in dem Glauben, gegen alle Eventualitäten abgesichert zu sein. Doch die Realität sieht oft anders aus. Wenn die Motorleuchte plötzlich aufleuchtet oder die Elektronik streikt, beginnt nicht selten ein zähes Ringen mit dem Händler oder Hersteller. Die Argumente sind oft die gleichen: Es handle sich um ein Verschleißteil, die Wartung sei nicht korrekt durchgeführt worden oder ein unsachgemäßer Eingriff sei die Ursache des Problems.
Doch die größte Herausforderung moderner Fahrzeuge liegt oft nicht mehr in der Mechanik, sondern in der digitalen Seele des Autos: der Software. Was viele nicht wissen: Die wahre Schwachstelle der Garantie ist heute oft nicht ein verpasster Ölwechsel, sondern ein unautorisiertes Software-Update oder eine kleine, unbemerkte Veränderung an der Fahrzeugelektronik. Die Schlüssel zum Schutz Ihrer Rechte liegen daher nicht mehr allein im penibel geführten Serviceheft. Vielmehr geht es darum, die neuen digitalen Spielregeln zu verstehen und die Beweisführung zu Ihren Gunsten zu gestalten.
Dieser Artikel übersetzt das “Garantie-Kauderwelsch” in verständliche Sprache. Er zeigt Ihnen die entscheidenden Unterschiede auf, entlarvt die größten Mythen und gibt Ihnen eine klare Handlungsanleitung, damit Sie im Fall der Fälle nicht im Regen stehen, sondern Ihre Ansprüche souverän und erfolgreich durchsetzen können. Wir beleuchten die kritischen Punkte, von der richtigen Werkstattwahl bis hin zum korrekten Vorgehen bei einem Garantiefall.
Für alle, die die wesentlichen Informationen lieber im Videoformat aufnehmen, bietet das folgende Erklärvideo einen hervorragenden Überblick über die Grundlagen der gesetzlichen Gewährleistung, die oft mit der Garantie verwechselt wird.
Um Ihnen eine klare Orientierung durch die komplexe Welt der Garantiebedingungen zu geben, haben wir die wichtigsten Aspekte in den folgenden Abschnitten für Sie aufbereitet. Jeder Teil widmet sich einem spezifischen Thema, damit Sie genau die Informationen finden, die Sie benötigen.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Wegweiser durch die Tücken der Herstellergarantie
- Garantie oder Gewährleistung? Der entscheidende Unterschied, den jeder Autokäufer kennen muss
- Der Garantie-Killer Nr. 1:Die Mobilitäts-Revolution: Warum Ihr nächstes „Auto“ vielleicht gar keines mehr ist
- Die Werkstatt-Lüge: Dürfen Sie während der Garantiezeit wirklich nur zur Vertragswerkstatt?
- Verschleißteile und Co: Das alles ist von Ihrer Neuwagengarantie nicht abgedeckt
- Garantiefall, was nun? Die Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine reibungslose Abwicklung
- Der Garantie-Killer Nr. 1:Die Mobilitäts-Revolution: Warum Ihr nächstes „Auto“ vielleicht gar keines mehr ist
- Nach “fest” kommt “ab”: Warum das richtige Drehmoment wichtiger ist als pure Kraft
- Zurück zum Original: Wie die Einhaltung von Herstellerstandards Ihr Auto sicher und wertstabil hält
Garantie oder Gewährleistung? Der entscheidende Unterschied, den jeder Autokäufer kennen muss
Einer der fundamentalsten und doch am häufigsten missverstandenen Aspekte beim Autokauf ist der Unterschied zwischen der gesetzlichen Gewährleistung (auch Sachmängelhaftung genannt) und der Herstellergarantie. Die gesetzliche Gewährleistung ist Ihr unantastbares Recht als Käufer gegenüber dem Verkäufer. Sie beträgt bei Neuwagen 24 Monate und besagt, dass das Fahrzeug bei der Übergabe frei von Mängeln sein muss. Die Herstellergarantie hingegen ist eine freiwillige, zusätzliche Leistung des Herstellers, deren Bedingungen er selbst festlegen kann.
Der entscheidende Vorteil der Gewährleistung liegt in der sogenannten Beweislastumkehr. Tritt ein Mangel innerhalb der ersten 12 Monate nach dem Kauf auf, wird gesetzlich vermutet, dass dieser Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war. Der Verkäufer muss das Gegenteil beweisen, was in der Praxis oft schwierig ist. Diese Regelung schützt Verbraucher effektiv, denn eine Analyse zu §477 BGB zeigt, dass rund 90% der relevanten Mängel in diesem Zeitraum erkannt werden. Ein Urteil des OLG Koblenz unterstrich diese Regel, indem es betonte, dass der Händler den vollen Beweis erbringen muss, dass ein Fahrzeug bei Übergabe mangelfrei war.
Nach Ablauf der ersten 12 Monate kehrt sich die Beweislast um: Nun müssen Sie als Käufer nachweisen, dass der Mangel schon von Anfang an bestand. Genau hier kommt die Herstellergarantie ins Spiel. Sie greift oft länger und deckt Mängel ab, die nach dem ersten Jahr auftreten, ohne dass Sie deren ursprüngliches Vorhandensein beweisen müssen. Allerdings ist sie an die spezifischen Bedingungen des Herstellers geknüpft, die oft strenger sind als die gesetzlichen Vorgaben. Die Kenntnis dieses Unterschieds ist die Basis, um Ihre Rechte als Autokäufer vollumfänglich wahrnehmen zu können.
Der Garantie-Killer Nr. 1:Die Mobilitäts-Revolution: Warum Ihr nächstes „Auto“ vielleicht gar keines mehr ist
In der Vergangenheit waren es vor allem mechanische Veränderungen wie der Einbau eines Sportfahrwerks oder nicht genehmigter Felgen, die eine Herstellergarantie gefährdeten. Heute lauert der größte “Garantie-Killer” jedoch im Verborgenen: in der Software des Fahrzeugs. Moderne Autos sind rollende Computer, deren Funktionen – vom Motormanagement bis zum Infotainmentsystem – durch komplexe Software gesteuert werden. Jede unautorisierte Änderung an dieser Software-Integrität kann zum sofortigen und umfassenden Garantieverlust führen.
Das prominenteste Beispiel hierfür ist das Chiptuning. Selbst wenn die Leistungssteigerung nur per Software-Aufspielung erfolgt und keine mechanischen Teile verändert werden, stellt dies einen erheblichen Eingriff dar. Hersteller argumentieren, dass die gesamte Antriebs- und Sicherheitsarchitektur des Fahrzeugs auf die ursprüngliche Software abgestimmt ist. Eine Änderung kann zu Überlastungen von Motor, Getriebe und Bremsen führen. Im Schadensfall wird der Hersteller daher fast immer die Kausalität zwischen dem Tuning und dem Defekt vermuten und die Garantieleistung verweigern.
Doch es geht nicht nur um Leistungssteigerung. Auch das Freischalten versteckter Funktionen mittels Codierung oder das Aufspielen von Software aus nicht vertrauenswürdigen Quellen kann als Vertragsbruch gewertet werden. Wie das Automotive IT Journal treffend feststellt, können „nicht autorisierte Software-Änderungen die gesamte Garantie gefährden“. Dies wird umso relevanter, als dass immer mehr Fahrzeuge Updates “Over-the-Air” (OTA) erhalten und ihre Software-Stände lückenlos dokumentiert werden. Für den Hersteller ist es ein Leichtes, unautorisierte Eingriffe nachzuweisen. Bevor Sie also eine Software-Änderung in Betracht ziehen, sollten Sie sich des Risikos eines Totalverlusts der Garantie bewusst sein.
Die Werkstatt-Lüge: Dürfen Sie während der Garantiezeit wirklich nur zur Vertragswerkstatt?
Es ist einer der hartnäckigsten Mythen in der Automobilbranche: “Um die Garantie nicht zu verlieren, müssen Sie alle Wartungen und Reparaturen in einer Vertragswerkstatt durchführen lassen.” Viele Hersteller und Händler befeuern diese Annahme, da sie ein lukratives Geschäft sichert. Doch diese Aussage ist schlichtweg falsch. Dank einer EU-Verordnung, der sogenannten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO), haben Sie als Verbraucher die freie Wahl der Werkstatt – auch während der Garantiezeit.
Die entscheidende Voraussetzung ist, dass die freie Werkstatt die Wartung strikt nach den Vorgaben des Herstellers durchführt. Das bedeutet: Sie muss die vom Hersteller vorgeschriebenen Wartungspläne, Prüfpunkte und Spezifikationen exakt einhalten. Zudem muss sie Ersatzteile in Originalqualität verwenden. Dies müssen nicht zwingend Originalteile des Autoherstellers sein, sondern können auch qualitativ gleichwertige Teile von zertifizierten Zulieferern sein. Eine seriöse freie Werkstatt wird die Einhaltung dieser Vorgaben lückenlos im Serviceheft oder im digitalen Service-Nachweis dokumentieren.
Die Juristen des ADAC bestätigen unmissverständlich: „Freie Werkstätten stehen Vertragswerkstätten in der Garantie gleich.“ Sollte ein Hersteller eine Garantieleistung mit der Begründung ablehnen, die Wartung sei in einer freien Werkstatt erfolgt, ist dies nur zulässig, wenn er nachweisen kann, dass der entstandene Schaden direkt und kausal auf eine fehlerhafte Arbeit dieser Werkstatt zurückzuführen ist. Eine pauschale Ablehnung ist rechtswidrig. Sie können also beruhigt die Werkstatt Ihres Vertrauens wählen, solange Sie sicherstellen, dass diese professionell und nach Herstellervorgaben arbeitet.
Verschleißteile und Co: Das alles ist von Ihrer Neuwagengarantie nicht abgedeckt
Die Herstellergarantie erweckt oft den Eindruck eines Rundum-sorglos-Pakets, doch sie ist keineswegs eine Vollkaskoversicherung gegen alle denkbaren Defekte. Eine der wichtigsten Ausnahmen betrifft Teile, die einem natürlichen und erwartbaren Verschleiß unterliegen. Diese Verschleißteile sind grundsätzlich von der Garantieleistung ausgeschlossen, da ihr Austausch Teil der normalen Betriebskosten eines Fahrzeugs ist.
Zu den klassischen Verschleißteilen gehören Komponenten wie Bremsbeläge und -scheiben, Kupplungsscheiben, Reifen, Wischerblätter und die meisten Glühlampen. Auch Flüssigkeiten wie Öl, Kühl- und Bremsflüssigkeit fallen nicht unter die Garantie, sondern sind Teil der regulären Wartung. Die Abgrenzung ist jedoch nicht immer einfach. Eine Batterie beispielsweise gilt teilweise als Verschleißteil, wird aber von vielen Herstellern mit einer verkürzten Garantie (oft 24 Monate) abgedeckt. Fällt ein Teil jedoch überdurchschnittlich schnell aus, kann unter Umständen doch ein Mangel im Rahmen der Gewährleistung vorliegen.
Die folgende Tabelle gibt einen schnellen Überblick über typische Bauteile und ihre übliche Einordnung im Rahmen der Garantie. Beachten Sie, dass dies allgemeine Richtwerte sind und die genauen Bedingungen im Garantieheft Ihres Fahrzeugs entscheidend sind.
Teilegruppe | Garantie | Häufigkeit Wechsel |
---|---|---|
Bremsscheiben | Nein | ca. 80.000 km |
Autobatterie | Ja, oft verkürzt (z.B. 2 Jahre) | ca. 5 Jahre |
Kupplung | Nein (Beläge) | ab 50.000 km |
Garantiefall, was nun? Die Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine reibungslose Abwicklung
Wenn trotz aller Vorsicht ein Defekt auftritt, der unter die Garantie fallen sollte, ist ein strukturiertes und gut dokumentiertes Vorgehen entscheidend für eine reibungslose Abwicklung. Der erste Ansprechpartner ist immer der Vertragshändler oder eine autorisierte Vertragswerkstatt, auch wenn Sie die Wartung in einer freien Werkstatt haben durchführen lassen. Melden Sie den Schaden umgehend und lassen Sie sich einen Termin geben. Wichtig ist, dass Sie das Problem so präzise wie möglich beschreiben.
Die moderne Fahrzeugtechnik bietet hier entscheidende Vorteile. Viele Fehler, insbesondere sporadische Elektronikprobleme, sind schwer zu reproduzieren. Daher ist eine proaktive digitale Beweissicherung von unschätzbarem Wert. Wenn eine Warnleuchte aufleuchtet, machen Sie sofort ein Foto oder ein kurzes Video mit Ihrem Smartphone, auf dem auch der Kilometerstand und idealerweise das Datum zu sehen sind. Moderne Fahrzeuge speichern Fehlercodes im On-Board-Diagnose-System (OBD). Eine Werkstatt kann diese auslesen, aber auch Sie können mit einem einfachen OBD-Adapter selbst ein Protokoll erstellen. Diese digitalen Spuren sind harte Fakten, die eine pauschale Ablehnung erschweren.
Sollte der Händler die Reparatur auf Garantie ablehnen, bitten Sie um eine schriftliche Begründung. Akzeptieren Sie keine mündlichen Absagen. Mit dieser schriftlichen Ablehnung können Sie sich direkt an den Kundenservice des Herstellers wenden. Bleibt auch dieser Versuch erfolglos, ist der nächste Schritt der Gang zu einer Kfz-Schiedsstelle oder einem Fachanwalt für Verkehrsrecht. Ein professionell gestellter Kulanzantrag, auch nach Ablauf der Garantie, kann laut VDIK die Erfolgschancen erheblich erhöhen, besonders wenn das Fahrzeug lückenlos gewartet wurde.
Ihr Plan zur digitalen Beweissicherung
- Fehler dokumentieren: Machen Sie sofort Videos oder Fotos von aufleuchtenden Warnlampen oder Fehlfunktionen. Achten Sie darauf, dass Kilometerstand und idealerweise Datum/Uhrzeit erkennbar sind.
- Protokolle sichern: Bitten Sie die Werkstatt um einen Ausdruck des OBD-Fehlerprotokolls oder sichern Sie es vorab selbst mit einem Adapter. Sichern Sie auch eventuelle Dashcam-Aufnahmen, die den Fehlerkontext zeigen.
- Schriftliche Kommunikation: Reichen Sie die Mängelanzeige schriftlich ein und bewahren Sie alle E-Mails und Auftragsbestätigungen auf. Fassen Sie Telefonate in einer kurzen Bestätigungs-E-Mail zusammen.
- Vorgeschichte aufbereiten: Halten Sie alle Wartungsrechnungen und das Serviceheft (digital oder physisch) bereit, um die Einhaltung der Herstellervorgaben nachzuweisen.
- Zeugen benennen: Falls Mitfahrer den Fehler ebenfalls bemerkt haben, notieren Sie deren Kontaktdaten. Ein Zeuge kann im Streitfall entscheidend sein.
Der Garantie-Killer Nr. 1:Die Mobilitäts-Revolution: Warum Ihr nächstes „Auto“ vielleicht gar keines mehr ist
Neben dem digitalen “Garantie-Killer” der Software-Manipulation gibt es eine Reihe von klassischen, physischen Fehlern im Umgang mit dem Fahrzeug, die ebenfalls schnell zum Erlöschen der Garantieansprüche führen können. Diese basieren oft auf Nachlässigkeit oder Unwissenheit und werden vom Hersteller als unsachgemäße Nutzung oder mangelnde Sorgfalt ausgelegt. Auch hier gilt: Der Hersteller muss im Streitfall beweisen, dass Ihr Verhalten den Schaden verursacht hat, aber eine mangelhafte Wartungshistorie gibt ihm dafür starke Argumente.
Der häufigste Grund für eine Ablehnung in diesem Bereich ist die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle. Überschreiten Sie den fälligen Service um mehrere tausend Kilometer oder viele Monate, kann der Hersteller bei einem Motorschaden argumentieren, dass dieser durch altes Öl oder einen nicht gewechselten Filter verursacht wurde. Gleiches gilt für die Verwendung von Betriebsflüssigkeiten, die nicht der Herstellerspezifikation entsprechen. Das Nachfüllen eines falschen Motoröls oder einer ungeeigneten Kühlflüssigkeit kann zu gravierenden und teuren Schäden führen, für die keine Garantie aufkommt.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Ignoranz gegenüber Warnleuchten. Leuchtet beispielsweise die Öldruck- oder Kühlmittelwarnleuchte auf und Sie fahren weiter, anstatt das Fahrzeug sofort anzuhalten, handeln Sie grob fahrlässig. Der daraus resultierende Folgeschaden (z.B. ein kapitaler Motorschaden) wird nicht von der Garantie übernommen, da Sie Ihrer Pflicht zur Schadensminderung nicht nachgekommen sind. Dokumentieren Sie daher auch hier sofort per Foto, wann die Leuchte anging und dass Sie umgehend gehandelt haben. Letztlich ist ein sorgsamer Umgang und eine lückenlos dokumentierte Wartung nach Herstellervorgabe der beste Schutz gegen physische Garantie-Killer.
Nach “fest” kommt “ab”: Warum das richtige Drehmoment wichtiger ist als pure Kraft
Ein oft unterschätzter, aber technisch hochrelevanter Aspekt für den Erhalt der Garantie ist das korrekte Anziehen von Schrauben und Muttern mit dem vorgeschriebenen Drehmoment. Besonders bei sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Rädern, Fahrwerkskomponenten oder Zylinderkopfschrauben ist die exakte Vorspannung entscheidend für die Funktion und Haltbarkeit. Ein zu lockeres oder – was häufiger der Fall ist – ein zu festes Anziehen kann zu Materialermüdung, Verzug von Bauteilen oder sogar zum Abriss der Schraube führen.
Stellen Sie sich vor, Sie lassen Ihre Reifen in einer Werkstatt wechseln. Werden die Radschrauben mit einem Schlagschrauber “nach Gefühl” angezogen anstatt mit einem kalibrierten Drehmomentschlüssel, können die Schrauben überdehnt oder die Felgen verspannt werden. Entsteht daraus ein Folgeschaden, wie ein gelöstes Rad oder ein Riss in der Bremsscheibe, wird der Fahrzeughersteller die Garantie ablehnen. Er wird argumentieren, dass der Schaden durch einen externen Montagefehler verursacht wurde. Eine Studie des ADAC deutet darauf hin, dass rund 12% der strittigen Garantiefälle auf unsachgemäße Montage, einschließlich falscher Drehmomente, zurückzuführen sind.
Aus diesem Grund ist die Aussage des TÜV Süd von zentraler Bedeutung: „Ein kalibrierter Drehmomentschlüssel ist in der Garantiezeit unverzichtbar.“ Eine professionelle Werkstatt, egal ob frei oder vertraglich gebunden, wird die Anwendung des korrekten Drehmoments auf der Rechnung vermerken. Dies dient nicht nur Ihrer Sicherheit, sondern auch als wichtiger Nachweis im Garantiefall. Bestehen Sie daher immer darauf, dass sicherheitsrelevante Verschraubungen mit dem korrekten, vom Hersteller vorgegebenen Drehmoment angezogen und dies dokumentiert wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Garantie ist nicht Gewährleistung: Die gesetzliche Gewährleistung mit Beweislastumkehr in den ersten 12 Monaten ist Ihr stärkstes Recht gegenüber dem Verkäufer. Die Garantie ist eine freiwillige Zusatzleistung des Herstellers mit eigenen Regeln.
- Software ist das neue Schlachtfeld: Unautorisierte Software-Änderungen (Chiptuning, Codierungen) sind heute der häufigste Grund für den Verlust der Garantie. Die Software-Integrität Ihres Fahrzeugs ist entscheidend.
- Dokumentation ist Macht: Eine proaktive, lückenlose digitale Dokumentation von Fehlern (Fotos, Videos, OBD-Protokolle) und Wartungen ist Ihr wichtigstes Werkzeug, um im Streitfall Ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Zurück zum Original: Wie die Einhaltung von Herstellerstandards Ihr Auto sicher und wertstabil hält
Die konsequente Einhaltung der Herstellerstandards ist der rote Faden, der sich durch alle Aspekte der Garantie zieht. Es geht dabei nicht nur darum, Reparaturen und Wartungen irgendwie durchführen zu lassen, sondern sicherzustellen, dass jede Maßnahme exakt den Vorgaben desjenigen entspricht, der das Fahrzeug entwickelt hat. Dies sichert nicht nur Ihre Garantieansprüche, sondern trägt maßgeblich zur Sicherheit, Zuverlässigkeit und zum Werterhalt Ihres Autos bei.
Ein zentrales Element hierfür ist der lückenlose Nachweis aller durchgeführten Arbeiten. Während früher das gestempelte Serviceheft aus Papier der Goldstandard war, gewinnt heute der digitale Servicenachweis immer mehr an Bedeutung. Er ist fälschungssicherer und transparenter. Wie Automotive News Europe betont: „Ein digitales Serviceheft ist der Schlüssel zu voller Transparenz und Werterhalt.“ Es dokumentiert nicht nur den Ölwechsel, sondern idealerweise auch aufgespielte Software-Updates, durchgeführte Rückrufaktionen und die verwendeten Ersatzteilnummern.
Eine professionelle Werkstatt muss in der Lage sein, diese digitalen Nachweise korrekt zu erstellen und in die zentralen Systeme einzupflegen. Dies beinhaltet den Zugriff auf die Update-Protokolle des Fahrzeugs und die Verwendung zertifizierter Software. Für Sie als Kunde bedeutet das: Fragen Sie bei der Auftragsvergabe explizit nach einem digitalen Eintrag und lassen Sie sich eine Bestätigung aushändigen. Diese digitale Historie ist bei einem Garantiefall oder beim späteren Verkauf des Fahrzeugs Gold wert, da sie zweifelsfrei belegt, dass Ihr Auto stets nach den höchsten Standards behandelt wurde. So schließen Sie die Beweiskette zu Ihren Gunsten und schützen Ihre Investition nachhaltig.
Indem Sie die hier dargelegten Grundsätze verstehen und anwenden – vom Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung bis hin zur Bedeutung der digitalen Dokumentation – versetzen Sie sich in eine starke Position. Sie agieren nicht mehr als Bittsteller, sondern als informierter Verbraucher, der seine Rechte kennt und seine Pflichten erfüllt. Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Fahrzeugdokumentation proaktiv zu managen; es ist der wirksamste Schutz für Ihre Mobilität und Ihre Investition.
Häufig gestellte Fragen zur Herstellergarantie
Wie reiche ich digitale Beweise am besten ein?
Am besten bündeln Sie alle digitalen Beweise (datierte Fotos, Smartphone-Videos, exportierte OBD-Protokolle) in einer E-Mail an die Werkstatt, wenn Sie den Mangel melden. Verweisen Sie in der E-Mail explizit auf die angehängten Dateien. Dies schafft einen unmissverständlichen Zeitstempel und eine schriftliche Dokumentation.
Wen kontaktiere ich, wenn meine Garantie- oder Gewährleistungsansprüche abgelehnt werden?
Die erste Eskalationsstufe nach der Ablehnung durch den Händler ist immer der Kundenservice des Herstellers in Deutschland. Legen Sie dort den Fall schriftlich dar. Sollte auch dies scheitern, sind die nächsten Anlaufstellen die Kfz-Schiedsstellen der Handwerkskammern oder ein auf Kauf- und Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt.
Wie lange dauert die Bearbeitung eines Kulanzantrags in der Regel?
Ein Kulanzantrag wird nach Ablauf der Garantie gestellt und ist eine reine Freiwilligkeitsleistung des Herstellers. Die Bearbeitungszeit kann stark variieren. In der Regel sollten Sie mit einer Dauer von 4 bis 6 Wochen rechnen, abhängig von der Komplexität des Falls, dem Fahrzeugmodell und der Auslastung beim Hersteller.